3. bis 5. September 2021
Der Besammlungszeitpunkt (nach 9 Uhr) wird eingehalten, alles andere wäre verwerflich gewesen. Diesmal ist mit eher kurzen Fahrten zu rechnen, geht doch die Reise weder nach Genf noch nach Locarno, sondern nach Einsiedeln. Das ist die zweite Heimat unseres Organisators, Hanspeter Kunz. Sonne am Morgen, Aussichten auf drei trockene, helle Tage – was will man mehr. Einsiedeln liegt so nah, doch wer kennt alle Bahnstationen unterwegs?
Bald sind wir also am Ziel. Statt das Gepäck selber zum Hotel „Drei Könige“ zu tragen oder zu rollen, dürfen wir es ins Auto von von HP und Yvonne packen, und Yvonne fährt es direkt ins Hotel. Unbeschwert durchqueren wir also zu Fuss die berühmte Ortschaft mit ihrem grossen und weltbekannten Kloster.
An der Mauer, die das ganze Gelände des Klosters umfasst, warten wir kurz auf den Bus, der uns zur ersten Attraktion dieser Reise führen soll. Die Busfahrt ist rasant und führt uns zum Sihlsee und weiter über die lange Brücke nach Willerzell, wo wir nach ein paar Gehminuten die Anlegestelle finden. Hier erwartet uns „unser“ Bootsführer mit seinem Schiff namens Angelika, einem Oldtimer aus dem Jahr 1982 in sehr gepflegtem Zustand. Diese Schiffsrundfahrt ist ein voller Erfolg. Der Kapitän erzählt unterwegs viel Interessantes über die Geschichte des Stausees und der Bevölkerung, ohne die Führung seines Schiffes zu vernachlässigen. Da gab es vor dem Bau des Staudamms manche Unstimmigkeit in der Bevölkerung, denn verschiedene Bauern verloren ihren Hof, ihre Heimat. Alles Land, das der See heute bedeckt, war Landwirtschaftsland. Mit seiner über 10 km² grossen Fläche ist der Sihlsee der grösste Stausee der Schweiz.
Nach einer Stunde fahren wir an den Steg des „Grünen Affen“ von Willerzell. Keine Ahnung, woher dieser Name kommt – wer hat schon mal einen grünen Affen gesehen? Sinnigerweise heisst das Restaurant, das wir nach dem Anlanden entern, „Grüene Aff“. Hier verköstigt sich jeder nach seinem Geschmack. Und wer sich die Zeit nimmt, hat die Gelegenheit, den Wohnwagen von Hanspeter zu besichtigen.
Wir werden überrascht von der Vorführung eines Teils des Flugprogramms der PC-7 Piloten, die am Samstag in Mollis zum Einsatz kommen. Da Einsiedeln nicht weit von Mollis entfernt ist (mindestens für die Flieger), ist auch der Flugraum hier kurz belegt mit Formationsflug-Übungen und -wechseln.
Die Postautorückfahrt hat eine willkommene andere Streckenführung als die Hinfahrt. Nun werden die Zimmer bezogen, und anschliessend ist unsere Wanderfitness doch noch ein wenig gefragt. Der Fussmarsch zur Klosterkirche und weiter zur „Vogelhard“ lohnt sich wirklich, ist doch dort die Aussicht auf den See und die Landschaft grandios und mit bester Fernsicht versehen. Der Abschluss der kurzen Wanderung findet in der lauschigen Gartenwirtschaft des Abteihofes statt, mit tadelloser Bedienung.
Hunger haben wir nun alle. Mit der Aussicht auf einen 4-Gänger wird uns nicht zuviel versprochen. Wir können selber auswählen aus der Speisekarte, und auch der Wein lässt nichts zu wünschen übrig. Fast etwas ungewohnt früh verziehen sich die meisten von uns in die Zimmer, wohl um auf den kommenden Tag fit genug zu sein.
Wir verbringen eine ruhige Nacht, obwohl gleich nebenan eine Kirche (nicht das Kloster) steht. Deren Glocken sind aber offenbar während der Schlafenszeit abgestellt. Der Beweis erfolgt um halb acht, mit ohrenbetäubendem Geläut. Das Frühstück ist einladend, mit vielen Brot- und Brötchensorten. Vielleicht hat der eine oder andere die Eier vermisst, aber Hunger musste sicher niemand haben.
Auch jetzt sind alle zum vereinbarten Zeitpunkt bereit, den Marsch zur Milchmanufaktur unter die Füsse zu nehmen. Hier werden diverse Milchprodukte hergestellt, erzählt uns unsere Führerin Michèle, die uns gekonnt in ihren Bann zieht. Wir lernen viel über die Herstellung all der Produkte (diverse Käse, Joghurt, Molkendrink u.a.) wie auch über die Haltung der Kühe, die Heu und Gras, aber kein Kraftfutter zu fressen bekommen. Viele interessante Zahlen werden genannt – leider gehöre ich zu denen, die kein gutes Zahlengedächtnis haben. Die Hygiene wird gross geschrieben, was man auch an den Fotos von unserer „Verkleidung“ sehen kann. Zwischendurch gibt es immer wieder etwas zum Probieren. Michèle referiert gut und laut genug, damit es alle hören können. Ihre Stimme leidet etwas darunter, doch ein Hustenzeltli von Ueli hilft ihr, ihre Stimme wieder zurück zu gewinnen. Am Schluss der Führung und nach der herzlichen Verabschiedung wird natürlich der Verkaufsladen besucht – unschwer zu erraten, welche Produkte in erster Linie gekauft werden.
Der für uns reservierte Tisch ist bald besetzt. Erstaunlich, was da meine Kameraden so kurz nach dem Frühstück verdrücken können. Anschliessend spazieren wir dem Fluss „Alp“ entlang und durch das Städtchen zurück ins Hotel.
Kurz vor zwei Uhr besammeln wir uns vor dem Haupteingang des Klosters. Eine weitere Führung steht uns bevor, eigentlich eine Doppelführung. Zuerst erzählt uns Vreni Näf-Schönbächler manches über die Gesamtrenovation des imposanten Baus. Die Renovation wurde gerade beendet; auch der grosse Vorplatz und das Innere der Kirche wurden miteinbezogen, und alles hat eine Unmenge an Geld gekostet. Im Innern wurden alle Malereien akribisch erneuert, die ganze Kirche wirkt hell und einladend. Natürlich ist Barock nicht jedermanns Sache, aber eindrücklich und erhaben ist die Stimmung allemal. Wenn man dann noch die Geduld hat, Salve Regina (spezieller Chorgesang der Mönche) beizuwohnen, ist das Erlebnis auch akkustisch sehr schön abgerundet. Auch wenn man nicht oder kaum religiös ist, berührt einen das schon.
Kein Kloster ohne Wein – die Führung geht weiter zum zweiten, eher weltlichen Teil in den Untergrund, also in den Klosterkeller. Vreni Nef zeigt uns die verschiedenen Arbeitsplätze, die Lagerfässer, die Mengen der verschiedenen Weine. Das macht uns wirklich sehr gluschtig, und deshalb ist die anschliessende Degustation willkommen.
Bis zum Abendessen bleiben noch etwa zwei Stunden, die jeder so verbringen kann, wie es ihm zusagt. Entgegen der Ankündigung im Programm von Hanspeter wird heute ein Einheitsmenü serviert, da das Restaurant viele Gäste hat und sonst das Personal nicht seine volle Qualität präsentieren könnte. Wir speisen gut – niemand muss hungrig den Tisch verlassen. Auch heute sind wir wieder eher früh in der Waagrechten, müssen wir doch morgen vor 9 Uhr abmarschbereit sein.
Heute wird’s streng, verglichen mit den zwei vorhergehenden Tagen, also werden nach dem Frühstück die Wanderschuhe montiert. Das Gepäck dürfen wir wieder ins Auto von Yvonne laden, mitnehmen müssen wir nur das Wenige, das wir tagsüber brauchen.
Wir steigen ein ins Postauto und sind fast allein. Aber nicht lange, dann ist es vollgestopft. Denk nicht zu viel an Corona, ist die Devise, und schau zum Fenster hinaus. Das Ziel ist Brunni Talstation. Hier hat unser Organisator zwei Möglichkeiten geplant: Die Gruppe „Gemütlich“ fährt mit der Bahn hoch und wandert von der Bergstation in kurzer Zeit ohne grosse Steigungen zum Treffpunkt Zwüschet Mythen auf 1356 M.ü.M. Die Gruppe „Wandervögel“ startet zu Fuss und überwindet die Höhenmeter ohne fremde Hilfe. Dieser Aufstieg bei idealem Wetter ist wunderschön, tolle Landschaft, Kühe mit Glocken, plätschernder Brunnen (mit „letztem Gratistrinkwasser“), kurz, Heile Bergwelt. Für Untrainierte ist der Aufstieg im vorgegebenen Tempo eher happig, die anderen steigen hoch wie junge Geissli.
Auf der Alp treffen wir Wanderer vor den Bahnfahrern ein und können ohne Hetze Getränke (nicht mehr gratis) und einfache Speisen bestellen. Zwischendurch wird es mal etwas kühler, weil der Grosse Mythen die Sonne auf ihrer Wanderung zeitweilig wieder abdeckt. Wenn man genau hinschaut, sieht man zuoberst eine Fahne und einen Gleitschirmflieger, der seine Runden im Aufwind dreht. Der Servicemann macht seine Sache gut und lässt auch mal einen Witz hören.
Die „Wandervögel“ und die „Gemütlich“ gehen wieder getrennte Wege für die Rückkehr zur Postautostation. Karl Pfister ist begeisterter Geocaching-Man. Geocaching ist seit 20 Jahren wie ein Virus im Blut verschiedener Fans. Vor etwa 20 Jahren liess der damalige US-Präsident Clinton die künstlich verschlechterte Genauigkeit des GPS (Global Positioning System) abschalten, was wegen der nun grossen Genauigkeit des Systems ganz neue Möglichkeiten der Navigation und damit ein weltweit getätigtes Geografiespiel erlaubte. Karl sucht und sucht, wird aber für einmal nicht fündig.
Im Restaurant bei der Talstation (keine Namensnennung) entspricht der Service gelinde gesagt nicht ganz der erwarteten Norm. Unvorbereitet auf den Ansturm der Gäste (obwohl die Kombination von Meteo super & Sonntag längstens bekannt war) und deshalb unterdotiertes Personal haben sehr lange, zu lange Wartezeiten zur Folge.
Die Postautofüllung auf der Rückfahrt nach Einsiedeln ist deutlich geringer als bei der Hinfahrt. Am Ziel angekommen verabschieden wir Yvonne und Hanspeter herzlich und danken ihnen für ihren Einsatz, der diese drei Tage zum vollen Erfolg machte. Auch die Rückfahrt nach Wallisellen findet bei strahlendem Wetter statt. Natürlich danken wir Karl Pfister ebenfalls herzlich für seinen Einsatz als Co-Organisator während der Abwesenheit des Hauptorganisators. Wer nicht dabei war, hat etwas verpasst.
Jürg Deller